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NEWS-BLOG ZUM TECHNOLOGISCHEN, INDUSTRIELLEN UND INNOVATIVEN WALLIS

15.01.2024

Infrasens haucht Bauwerken digitales Leben ein

NEWS

Das Oberwalliser Jungunternehmen Infrasens surft auf der Digitalisierungswelle und nutzt sie gezielt für Datenerhebungen im Infrastrukturbereich. Mit Sensoren und einer eigenen Cloud-Software optimiert es so die Überwachung von hochkomplexen Bauwerken und vereinfacht gleichzeitig die Bewirtschaftung von Infrastruktur – bis hin zur Erfassung von Robidogs in Gemeinden. Bei einem Besuch in den Büroräumlichkeiten am Briger Sebastiansplatz erklären die Köpfe hinter dem Projekt ihre Ziele und Ideen.


Infrasens ist von Experten im Ingenieursbau und aus der Informatik im Herzen der Schweizer Alpen, wo die härtesten Umweltbedingungen herrschen, gegründet worden. So stellt sich das Unternehmen auf seiner Website vor. Das tönt nach einer waghalsigen Expedition in rauer Umgebung. «So ist es auch», sagen die drei Gesprächspartner Dominique Steffen, Rinaldo Burgener und Fabian Zumoberhaus lachend. Zwar habe sich der Standort aus der Herkunft der Personen, die im Unternehmen aktiv sind und allesamt aus dem Oberwallis stammen, ergeben, «aber wir haben hier wirklich die besten Voraussetzungen», erklärt Dominique Steffen, Verwaltungsrat und verantwortlich fürs Engineering bei der Infrasens AG.

Neben den nahegelegenen Hochschulen und einer hohen Dichte an Ingenieursbüros machen laut Steffen die geologische Beschaffenheit und das Naturgefahrenpotenzial sowie spannende Infrastrukturprojekte, beispielsweise durch die zahlreichen Brücken in der Region, den Standort Wallis für Infrasens zu einem spannenden Arbeitsumfeld. Mit seinen Dienstleistungen will das Unternehmen die Technik-, Ingenieurs- und Digitalisierungsbereiche zusammenführen. «Wir haben es uns zum Ziel gemacht, die Ideen aus diesen Welten zu verschmelzen.» Kurz gesagt: Infrasens digitalisiert Infrastruktur. Dafür setzt es in erster Linie auf Sensoren und eine selbstentwickelte Cloud-Software.


Dank Messungen unnötige Investitionen vermeiden

Um dieses Ziel zu erreichen, ist Infrasens auf verschiedenen Pfaden unterwegs. Steffen nennt zwei Grundideen, die das Unternehmen verfolgt. «Wir wollen Bauwerke zum Leben erwecken. Dafür werden per Sensoren Daten gesammelt und Informationen über ihren Zustand ermittelt. Im Infrastrukturbereich besteht in diesem Bereich noch ein grosses Potenzial», ist er überzeugt. «Bauwerke, die in die Jahre gekommen sind, bergen gewisse Risiken. Damit man diese in den Griff bekommt, können mit Sensoren erhobene Daten wertvolle Hinweise liefern.» Hinweise, die bitternötig sind: Noch werde in der Schweiz deutlich zu wenig investiert, um die Infrastruktur in Wert zu halten, so der ausgebildete Ingenieur.

Die zweite Grundidee betrifft die Verfügbarmachung der erhobenen Daten für Ingenieurbüros und Behörden. Mit Hilfe einer Cloud-Lösung werden Daten aller Art zusammengetragen, was die Auswertung und die Planung von Investitionen erleichtert. Dafür werden bei Bedarf auch Informationen von Sensoren unterschiedlicher Hersteller, sofern möglich, integriert. Rinaldo Burgener, Software-Administrator und Sales-Verantwortlicher, erklärt die Ausrichtung der Cloud: «Als wir mit der Software angefangen haben, hat sich rasch gezeigt, dass es nichts Erschwingliches und tatsächlich Brauchbares im Bereich Infrastrukturmanagement auf dem Markt gibt. Deshalb haben wir unsere Cloud-Lösung entsprechend ausgebaut.»


Vom hochkomplexen Bauwerk bis zum Robidog

Bei Infrasens spricht man in diesem Zusammenhang von Demokratisierung. «Unser Ansatz sieht vor, unsere Plattform in der Breite anbieten zu können», sagt Steffen und denkt dabei etwa an die Gemeinden. Zwar gebe es schon länger Lösungen in diesem Bereich, aber meist nur mit eingeschränkten Möglichkeiten und zu einzelnen Aspekten. «Wir wollen das Angebot demokratisieren, damit möglichst viele ihre Infrastruktur auf einer einzigen Plattform managen können.» So ist es auf der Cloud-Software von Infrasens nicht nur möglich, hochkomplexe Bauwerke mittels Sensoren zu überwachen, sondern auch – scheinbar simple – Bewirtschaftungsaufgaben zu meistern.

Ein Beispiel dafür ist die Erfassung von Robidogs. «Wurde früher jeder Robidog von Hand in einer Excel-Tabelle aufgeführt, können diese nun in einem Tool erfasst, mit Daten verknüpft und auf einer Karte dargestellt werden. Das erleichtert die Arbeit und die Planung der Gemeinde ungemein», erklärt Burgener. Die Datensicherung, die Zusammenführung von Informationen und der ortsunabhängige Zugang übers Netz bringen dabei Vorteile. Auch bei komplexen Bauwerken: «Wegen fehlender Fakten müssen Ingenieure heute nicht selten sehr konservative Annahmen treffen. Das führt zu schlechten Resultaten. So werden teils Bauwerke ersetzt, obwohl die Lebensdauer noch nicht überschritten wurde. Die Folge sind unnötig hohe Kosten.»


Sensible Messungen im Atomkraftwerk

Zur Kundschaft von Infrasens zählen Ingenieurbüros, aber auch Gemeinden, der Kanton oder die Bahnbetriebe. Die Aufträge konzentrieren sich seit der Gründung im Jahr 2018 vor allem aufs Wallis und auf Bern. Spricht man die Macher bei Infrasens auf bislang erreichte Meilensteine an, zeigt sich ein breites Spektrum an interessanten Projekten. Den Startschuss bildete die Einführung einer Brückenüberwachung, kombiniert mit Messungen zum Gewässerstand, in Zermatt. Es folgten Aufträge für die A9, die Weiterentwicklung der Cloud-Lösung für Gemeinden, Sensoreinsätze an einer vielfrequentierten Stahlwerkfachbrücke im Bahnbereich und schliesslich – unter grossen Sicherheitsvorkehrungen – hochsensible Datenerhebungen beim Rückbau des Kernkraftwerks Mühleberg.

Besonders stolz ist man bei Infrasens auf ein im Jahr 2021 selbst entwickeltes Erschütterungsmessgerät. «Das war unser erster eigener Sensor. Ein echter Meilenstein für Infrasens, auch weil solche Messgeräte sehr komplex sind», sagt Steffen. Erschütterungsmessgeräte werden bei Bauprojekten installiert, um in Ergänzung zu vorgängig erstellten Rissprotokollen bei den Arbeiten entsprechende Erschütterungen nachweisen und bei Bedarf einen Baustopp vornehmen zu können. An diesem Punkt komme erneut die Cloud zum Tragen, betont Softwareentwickler Fabian Zumoberhaus. «Die Cloud führt alle relevanten Daten zusammen, vom Rissprotokoll über die Messungen bis hin zur Bereitstellung von Berichten. Das ist sehr nützlich.»


Digitalisierung spielt Infrasens in die Karten

Den Entwicklungsmöglichkeiten von Infrasens scheinen kaum Grenzen gesetzt. Dabei spielt dem Unternehmen auch die zunehmende Digitalisierung der Baubranche in die Karten. Steffen, der selbst vor einigen Jahren zu diesem Thema eine Masterarbeit geschrieben hat, sieht viele Chancen. «Heute ist es bereits möglich, die Bauwerkswelt, die Umgebung und die Infrastruktur digital miteinander zu verbinden und so Prozesse erheblich zu vereinfachen. In einem nächsten Schritt wird dank KI die intelligente Auswertung der erhobenen Daten folgen.» Überdies wird es zunehmend zum Thema, Informationen von Sensoren auch indirekt zu nutzen. Er nennt das Beispiel von Messungen an Zugbrücken, die ganz nebenbei Rückschlüsse auf das Gewicht von Zügen zulassen und so für Verkehrsprognosen genutzt werden könnten.

Quelle : WLOG